Geschichtliche Entwicklung
Die heutige Deutsch-Dänische Grenze ist das Ergebnis der militärischen und politischen
Auseinandersetzungen aus der Zeit von 1848 bis 1920. Sie begannen mit der schleswig-holsteinischen Erhebung zur
Erlangung der politischen Selbständigkeit im Jahre 1848. Doch sie endete mit einer Niederlage gegen
Dänemark mit der Schlacht bei Idstedt 1850. Die massive Einflußnahme der europäischen
Großmächte führte zur Konservierung des dänischen Gesamtstaates. Der
preußisch-österreichische Sieg über Dänemark im Jahre 1864 (Erstürmung der
Düppeler Schanzen) stellte die Weichen für die Einverleibung der Herzogtümer Schleswig und Holstein in den
preußischen Staat 1866/67. Damit wurde Schleswig-Holstein kein Mitglied des Norddeutschen Bundes sondern
preußische Provinz.
"Das Deutsche Reich" 1871 - 1918
Nach Ende des ersten Weltkrieges wird im Versailler Vertrag von 1919 dem Selbstbestimmungsrecht der Völker
Rechnung getragen, indem durch Volksabstimmung die durch den Krieg entstandenen Staatsgrenzen korrigiert werden sollten.
Abstimmungen dieser Art wurden durchgeführt in Nordschleswig, in Oberschlesien, in Teilen Ost- und
Westpreußens und in Eupen-Malmedy. Obwohl die deutsch-dänische Grenze keine weltkriegsbedingten
Veränderungen erfahren hatte, wurde auf Wunsch Dänemarks im Versailler Vertrag die Bestimmung
aufgenommen, auch hier die Bevölkerung über ihre Zugehörigkeit zu Deutschland oder Dänemark
wählen zu lassen. Nach heftigem Streit um die Modalitäten der Abstimmung ist das Grenzgebiet ursprünglich in
drei Abstimmungszonen aufgeteilt worden. Die südliche Zone III wurde später auf Betreiben Dänemarks
gestrichen.
Die Abstimmung erfolgte 1920 in den verbliebenen Zonen unter Aufsicht einer internationalen Kommission. In der
nördlichen Zone I entschied sich am 10. Februar eine Mehrheit von 75% für Dänemark, in der
südlichen Zone II votierten am 14. März 80% der Bevölkerung für Deutschland.
Am 15.Juni 1920 wurde die internationale Kommission aufgelöst und die beiden Zonen den
Abstimmungsergebnissen entsprechend Deutschland bzw. Dänemark übergeben.
Festlegung der Grenze
Artikel 111 des Versailler Vertrages:
"Ein Ausschuß von sieben Mitgliedern, von denen fünf von den alliierten und assoziierten
Hauptmächten und je eines von Dänemark und Deutschland ernannt werden, tritt binnen zwei Wochen nach der
Feststellung des entgültigen Abstimmungsergebnisses zusammen, um an Ort und Stelle den Lauf der Grenzlinie
festzulegen.
Der Ausschuß entscheidet mit Stimmenmehrheit. Seine Entscheidungen sind für die Beteiligten bindend."
Diese Kommission bestimmte die örtliche Lage der Staatsgrenze im Einzelnen an Hand des
Abstimmungsergebnisses sowie der wirtschaftsgeographischen Verhältnisse der Gegend. Die Landgrenze folgt im Allgemeinen
den örtlich vorhandenen natürlichen Grenzen.
Das Setzen der Landesgrenzsteine übernahm eine der Kommission zugewiesene Abteilung Soldaten, der
u.a. auch dänische Pioniere angehörten. Die Vermessung wurde anschließend durch deutsche und dänische
Techniker, vermutlich Offiziere des Militärs durchgeführt. Die Ergebnisse der Vermessung einschließlich der
verbalen Beschreibung der Landesgrenze und der Karten in den Maßstäben 1 : 100 000 und 1 : 5 000 sind in drei
übereinstimmenden Bänden niedergelegt und am 3. September 1921 beurkundet worden.
Abschließend ist 1922 das
"Gesetz über den Vertrag zwischen Deutschland und Dänemark, betreffend die Regelung der durch den
Übergang der Staatshoheit in Nordschleswig auf Dänemark entstandenen Fragen"
verabschiedet und im Gesetzestext ⇒ Reichsgesetzblatt,
Teil II, Nr.9 vom 10.Juni 1922 veröffentlicht worden.
Die neue Staatsgrenze
Die neue Staatsgrenze gliedert sich in drei Abschnitte:
a.) Die Seegrenze in der Nordsee
Die Seegrenze in der Nordsee liegt nordöstlich der Insel Sylt und umfasst 9 geradlinige
Teilstücke. Die Lage dieser Teilstücke ist in einer Seekarte dargestellt, und für die Knickpunkte sind
geographische Koordinaten festgesetzt worden.
Die Grenzpunkte sind im
Wattenmeer durch gelbe Tonnen markiert. Zusätzlich gibt es an Land vordere und hintere Richtbaken, über deren
Peilung sich die Grenze auf dem Wasser herleiten läßt. Die Baken sind gewöhnlich aus Holz herfestellt und mit
einem dreieckigen Toppzeichen versehen. Der Farbanstrich ist rot-weiß im Wechsel. Bei der Vorderbake weist die
Dreieckspitze nach oben, bei der Hinterbake nach unten. Hinterbaken können auch vorhandene Leuchttürme, Kirchen,
Windmühlen und andere Bauwerke sein. Im Lister Tief folgt die Staatsgrenze den natürlichen Veränderungen des
Fahrwassers. Die sich aus diesen Veränderungen ergebenden Berichtigungen ergebenden Berichtigungen der Staatsgrenze
können zwischen den beider Staaten geregelt werden, was bisher aber nicht geschehen ist.
b) Die Seegrenze in der Ostsee
Die Seegrenze in der Ostsee folgt der Flensburger Förde und wird gebildet aus 13 geradlinigen
Teilstücken. Die Darstellung in der Seekarte und die Festlegung der Knickpunkte mit geographischen Koordinaten ist
gleichartig mit den Angaben für die Grenze in der Nordsee.
Abweichend davon sind die Grenzpunkte auf dem Wasser nicht betonnt. Auch die Kennzeichnung der Seegrenze an Land
entspricht den Verhältnissen an der Nordsee, nur sind die Richtbaken hier einfarbig weiß gestrichen.
c) Die Landgrenze auf der jütländischen Halbinsel
Die 69 km lange Landgrenze ist durch 280 mit laufenden Nummern versehene Grenzmale
(Granitgrenzsteine bzw. Eichenholzpfähle in Moor- und Feuchtgebieten sowie 3 Grenzbojen im Ruttebüller See)
vermarkt, die an markanten und wichtigen Punkten in unregelmäßigen Abständen voneinander gesetzt worden sind.
Je nach Bedarf wurde die Grenzvermarkung durch Zwischengrenzsteine ergänzt, die mit Buchstabenbezeichnungen zu den
Nummern beschriftet sind. An den Wasserläufungen sind Doppelvermarkungen in größeren Abständen
errichtet, so dass paarweise auf beiden Seiten des Gewässers ein Grenzpfahl bzw. Grenzstein steht.
Die Grenzmarken haben einen Querschnitt von 25 x 25 cm und sind ca. 1,25 m lang. Sie ragen i.d.R. 50 cm
aus dem Boden und sind mit einer Inschrift versehen. Auf der dänischen Seite steht in roter Farbe ein "D"
für Dänemark, auf der deutschen Seite in schwarzer Farbe ein "DR" für Deutsches Reich und
ein "P" für Preußen.
Nur der erste (Nr. 1) und der letzte (Nr. 280) Grenzstein trägt das Datum: 15.6.1920. An diesem Tage wurde
Sønderjylland / Nordschleswig wieder an Dänemark zurückgegeben.
Bei der Erneuerung von Grenzmarken wird seit dem letzten Krieg auf das "P" verzichtet. Die
Grenzsteine sind auf der Kopffläche mit einer Rille versehen, die die Richtung zu den Nachbarsteinen angibt.
Außerdem trägt jedes Grenzmal seine Nummer in blauer Farbe. Der Anfangs- und Endstein sind in Form,
Größe und Beschriftung besonders hervorgehoben. Die Zwischengrenzsteine sind in ihren Abmessungen etwas kleiner
als die Hauptgrenzsteine, sie tragen keine Hoheitskennzeichen.
Vermessung
Da in preußischer Zeit in ganz Schleswig-Holstein die Urvermessung für das
Grundsteuerkataster durchgeführt worden war, bestand für beide Seiten der neuen Grenze ein und dasselbe
Vermessungssystem. Deshalb wurde für die Aufmessung der Landstrecke der neuen Grenze das preußische
Polygonnetz aus den Jahren 1873 bis 1875 zugrunde gelegt, in das neue Polygonzüge im Anschluss an die
vorhandenen Punkte eingeschaltet worden sind.
Für die Vermessungspunkte und die vermarkten Grenzpunkte sind rechtwinklige Soldner´sche
Koordinaten auf den Nullpunkt Ostenfeld berechnet worden.
Dokumentation
Die gesammelten Daten bilden zusammen mit der verbalen Beschreibung der Landesgrenze, den
Seekarten von Nord- und Ostsee mit eingetragener Seegrenze, den Übersichts- und Detailkarten der Landgrenze sowie dem
Erläuterungsblatt der Grenzmale und Grenzzeichen drei übereinstimmende Kartenbände, jeweils auch
Grenzatlas genannt. Die einzelnen Seiten dieses Grenzatlanten sind von deutscher und von dänischer Seite
geprüft und anerkannt worden.
Die abschließende Anerkennung durch den Grenzfestsetzungausschuß in Paris datiert vom
3. September 1921.
Das französisch-sprachige Exemplar verblieb in Paris im Archiv der
Botschafterkonferenz; die beiden beteiligten Staaten erhielten je ein Exemplar in ihrer Landessprache.
Der deutsch-sprachige Atlasband wird im Staatsarchiv in Berlin aufbewahrt, jeweils eine Kopie erhielten der damalige
Regierungspräsident in Schleswig und die beiden damals zuständigen Katasterämter Niebüll und
Flensburg, heute Nordfriesland und Flensburg/Schleswig.
Unterhaltung der Grenzeinrichtungen
Zu den Unterhaltungsarbeiten zählen das Aufrichten und ggf. Erneuern von Grenzsteinen und
Grenzpfählen sowie die Erneuerung und der Farbanstrich der Richtbaken.
Jeder Staat unterhält auf eigene Kosten die auf seinem Staatsgebiet stehenden Grenzzeichen. Die Unterhaltung der
gemeinsamen Grenzmarken ist abschnittsweise zwischen Deutschland und Dänemark aufgeteilt.
Die Unterhaltung ist in Deutschland hoheitliche Aufgabe der Katasterämter Husum (Nordsee) und
Flensburg (Ostsee). In ihrem Auftrag werden die Aufgaben überwiegend von den jeweiligen Wasser- und
Schiffahrtsamt ausgeführt.
In Dänemark fällt unter die Zuständigkeit des Kort- og Matrikelstyrelsen in
Kopenhagen
Veränderungen am Verlauf der Grenze
In den Jahren 1960, 1974 und 1980 wurden Regulierungen und Begradigungen an den
Grenzwasserläufen vorgenommen. Vorraussetzung dafür ist ein Beschluß der deutsch-dänisch besetzten
Grenzwasserkommission. Den Abschluß des Regulierungsverfahrens bilden die Berichtigungen der Flurkarten und der
Gebietsaustausch zwischen den Staaten.
Grenzbegang
Der Staatsvertrag von 1922 enthält auch die Bestimmung, dass alle 10 Jahre ein
Begang der gemeinsamen Grenze stattzufinden hat. Zuständig dafür sind die beiden anliegenden deutschen Kreise
Nordfriesland und Schleswig/Flensburg sowie das dänische Staatsamt Sønderjylland.
Der erste Grenzbegang fand 1924 statt, kriegsbedingt fiel der Begang 1944 aus. Dafür
wurde er 1949, beschränkt nur auf die Grenze zu Lande, unter der Obhut der englischen Besatzungsmacht nachgeholt.
Da damals viele Arbeiten nachgeholt werden mussten, erfolgte der nächste Grenzbegang schon 1956
einschließlich einer Schiffahrt zur Kontrolle der die Wassergrenze markierenden Landmarken, diesmal
ausschließlich unter deutsch-dänischer Regie.
Ab 1964 werden die gemeinsamen Grenzbegehungen regelmäßig aller 10 Jahre
durchgeführt.
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